Event Troubled Waters: Businessmodell Wasser

Spricht man über Leben, spricht gezwungenermaßen auch über Wasser. Wir Menschen bestehen zu 75 % aus Wasser. Rund 2 Liter sollten wir am Tag davon trinken. Wird extraterrestrisches Leben gesucht, bietet H₂O die wichtigste Referenz. Trotz der ungemeinen Wichtigkeit dieser Ressource bietet sich uns ein Schauspiel der Verschwendung.

Quer durch

Gerade in Südtirol spielt Wasser in unzähligen Bereichen eine tragende Rolle. Die Hotellerie befindet sich in einem konstanten Konkurrenzkampf, wer die besseren Erholungszonen bietet. Bis schließlich aquatische Ungetüme das Licht der Welt erblicken.

Die Landwirtschaft ist im Land der Äpfel und des Weins darauf angewiesen, beim Output der Früchte nahezu Perfektion anzustreben. Diese Perfektion setzt Unmengen an Wasser zur Beregnung der Felder und zur Reinigung der Ernte voraus.

Touristen und Einheimische erwarten sich schneereiche Winter, um auf zwei oder einem Brett genüsslich die Hänge herunterzuschwingen. Unser Land beherbergt heute den Weltmarktführer in der Produktion von Kunstschnee. Um das Geschäft am Laufen zu halten, müssen gar künstliche Speicherbecken angelegt werden, da die Natur nicht regelmäßig genug Wasser liefert und die winterlichen Erwartungen der Menschen nicht immer erfüllt.

Unsere Energielieferanten vertrauen auf die Kraft unserer Gewässer, um Frau Südtirolerin und Herr Südtiroler nachhaltige und unbegrenzte Energie zu liefern. Unsere Flüsse und Bäche hören immerhin niemals auf, zu fließen, oder?

Wasser ist nicht nur Ressource, Lebensspender, der Äther unserer Existenz – Wasser ist Südtirols Businessmodell.

Auf dem Trockenen

Nun möchte man meinen, dass ein Land, dessen Wirtschaft in so vielen Belangen von diesem Element abhängig ist, sich auch mit eventuell auftretenden Problemsituationen auseinandersetzt. Tatsächlich ist der gemeine Gemeindeschutzplan auch mit dem Abschnitt Trinkwasser versehen. Man ist sich also der Tatsache bewusst, dass auch Wasser bei uns mal knapp werden könnte. 

Die Betonung liegt jedoch auf dem Wörtchen könnte: Der Konjunktiv wird hier in seiner reinsten Form interpretiert, da das Szenario in der allgemeinen Wahrnehmung als eher unwahrscheinlich angesehen wird. Wir haben ja Schnee, die Flüsse fließen, die Seen sind prall gefüllt.

Tja, fast: Der Sommer 2022 sollte uns Lügen strafen. Die Wintersaison 2021/2022 glänzte durch besonders geringe Niederschlagsmengen. So auch das Frühjahr sowie der Früh- und Hochsommer. Dies hatte zur Folge, dass kein Schmelzwasser unsere Flüsse füllte, diese teilweise das Fließen kurzerhand einstellten und Seen immer tiefere Pegel vorwiesen.

Quo vadis, Südtirol?

Es wäre ungerecht, Tourismus, Landwirtschaft, Wirtschaft und Energielieferanten dafür zu verurteilen, dass sie deren Wasserkonsum zum Wohle der Bevölkerung nicht gänzlich eingestellt haben.

Einerseits hat die Wasserknappheit in Südtirol – im Gegensatz zu anderen Regionen Europas – kein allzu kritisches Niveau erreicht – das Wasser war eben nur knapp; andererseits haben wir festgestellt, dass Wasser ja deren Businessmodell ist. Und nach zwei Jahren der Entbehrungen aufgrund einer beispiellosen Pandemie konnte man vielen Unternehmen nicht schon wieder den Boden unter den Füßen wegziehen.

Dennoch lässt sich nicht abstreiten, dass die Weitsicht zum Thema im Land, in der Gesellschaft und in der Wirtschaft fehlt. Ein anschauliches Beispiel dafür sind die Projekte, die das Land 2021 in Rom vorgelegt hat, in die das Geld des PNRR investiert werden sollten.

Die verpasste Chance?

Eine Projektliste, bei der Umweltorganisationen von einer „verpassten Chance“ hin zur grünen Wende ausmachten.

Millionen sollten in den Bau von Speicherbecken, die Weiterentwicklung von Beschneiungsanlagen oder in die Gärten von Schloss Trautmannsdorff fließen. Allesamt nicht wirklich Vorhaben, die einen nachhaltigeren Einsatz von Wasser mit Perspektive versprechen.

Außerdem ließen die gleichen Umweltorganisationen durchscheinen, dass man nicht aktiv in der Erstellung der Liste eingebunden wurde oder Vorschläge schlichtweg ignoriert wurden. Ein Alleingang der Politik … wohl mit Beteiligung einiger Wirtschaftsvertreter*innen.

Eingebunden hätten diese Organisationen – quasi als Trostpreis – in die Erstellung des Gewässerschutzplans werden sollen. Auch hier blieb aber eine substanzielle Zusammenarbeit mit dem Land offenbar aus.

Selbst ist das Land

Um eine effiziente und nachhaltige Nutzung unseres Wassers zu erreichen, müssen jene aus Wissenschaft und Wirtschaft, die das wirklich anstreben, also selbst Hand anlegen.

Daher trifft es sich wohl gut, dass wir und unsere Freunde vom DGTL Circus zu diesem Zweck Experten aus Wirtschaft und Wissenschaft zu uns eingeladen haben. Sie diskutieren über neue Möglichkeiten und Ansätze, Wasser als Ressource für die Wirtschaft neu zu denken; einen verantwortungsvolleren Verbrauch zu fördern; den fundamentalen Status, den Wasser als Element innehat, wieder in das Bewusstsein der Bevölkerung zu befördern; und wie Südtirols Businessmodel auf lange Sicht nicht verdampft.