Interview: "Alle sprechen Deutsch - und doch fühlt es sich wie Ausland an"

Jan, wie hat es dir hier bei uns bei Kreatif und Bozen gefallen?

Das war für alle wie Urlaub. Die Umgebung war neu und natürlich macht es etwas mit einem, wenn in der Umgebung eine andere Sprache gesprochen wird – es war einfach ein total anderer Flair, der uns durch das Wochenende begleitet hat.

Fühlt es sich für einen Bundesdeutschen wie Italien an, wenn man in Südtirol ist? Ihr habt ja vorwiegend uns sprechen gehört und wir sprechen untereinander Deutsch.

Ich bin das erste Mal wirklich in Südtirol gewesen, bisher bin ich nur durchgefahren. Um auf deine Frage zu antworten: nicht wirklich, aber ein bisschen …

Nach drei Tagen Südtirol spricht schon die Südtiroler Identitätskrise aus dir …

Nun ja, es fühlte sich heimisch an, weil die Menschen Deutsch gesprochen haben, dennoch hat es sich wie Ausland angefühlt. Das Essen ist anders, die Mentalität ist anders. Zum Beispiel sind die Menschen feiner gekleidet. Außerdem waren alle sehr höflich, in den Cafés etwa …

Schreien sich die Menschen in Deutschland beim Kaffee bestellen gegenseitig an?

In Frankfurt kommt es darauf an – in so einer urigen Kneipe kannst du schon einmal als Begrüßung angeblafft werden. Die Bedienungen in Bozen waren sehr aufmerksam, nett und zuvorkommend.

Wie lautet also dein Fazit der ersten internationalen REDAXO-Tage in Südtirol? Erfolgreich?

Für mich persönlich war es ein voller Erfolg, ich fand es super. REDAXO-Tage sollen ja nicht zu technisch sein. Sie sind immer eine Mischung aus nettem Treffen und produktivem Arbeiten im gleichen Raum. Dinge, die sonst eher virtuell besprochen werden, können so auf persönlicher Ebene abgehandelt werden und das gibt in der Regel immer einen Mehrwert. Daher sind diese Treffen immer – auch dieses Mal bei euch – erfolgreich. Es macht etwas mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Man kommt zurück und ist motivierter an REDAXO zu arbeiten. Ich komme am Montag ins Büro und denke mir: „So, jetzt lege ich noch einmal richtig los. Ich hau’ noch ein paar Add-ons raus, optimiere hier noch etwas.“ Gerade die Vorträge von Markus (Staab), die so tief in die Technologie gehen, motivieren einen, selbst Hand anzulegen. Das lässt zwar nach ein paar Wochen wieder nach – aber nachträgliche Motivation kann nur ein Erfolg sein. Dann der erste Tag mit dem Messner Mountain Museum, Essen in der Vinothek, Fahrradtour und was weiß ich – es war ein Traum.

„Ein Traum“ – das hätten wir uns als Fazit bei Kreatif nicht besser wünschen können. Nichts Negatives?

Einzig die Organisation der Tage – und da nehme ich mich in die Pflicht – hätte besser sein können. Zwei volle Tage voll eintauchen ist dann doch viel. Vielleicht hätten wir nur einen reinen REDAXO-Tag mit einem besser getakteten Zeitplan machen und den nächsten Tag freier gestalten sollen. Der Organisations-Freestyle dieses Mal hat dazu geführt, dass einige von einem Thema nichts mitbekommen haben, wieder andere von einem anderen Thema. Ist nicht schlimm, würde ich nächstes Mal aber anders machen.

Du bist ja der „Schöpfer“ von REDAXO – und hast es geschafft, dass eine Community mittlerweile sogar nach Südtirol reist, um sich ein Wochenende nur diesem Thema zu widmen. Wo liegen denn die Ursprünge von REDAXO - wie bist du darauf gekommen, CMS wie Magento oder Typo3 den Kampf anzusagen?

Das Ding ist ja schon uralt, seit 20 Jahren werkeln wir darauf herum. Und damals gab es halt nicht diese Fülle an benutzer- und programmierfreundlichen CMS, die es heute gibt. REDAXO setzte nicht die Kenntnis von einem riesigen Framework voraus, man konnte und kann Programmierung einfach reinsetzen. Genau das wollten wir entwickeln und haben uns an die Arbeit gemacht. Außerdem ist das seit jeher unsere Art, mit unseren Kunden zu arbeiten. Haben sie etwas Individuelles gebraucht, haben wir das einfach entwickelt. So hat sich das herauskristallisiert. Dass wir dann diesen Open-Source-Ansatz verfolgen und REDAXO auch nebenher weiterentwickeln, ist dann ein Extra. Aber ansonsten ist REDAXO aus Selbstzweck entstanden, es war in der Kundenbetreuung einfach sinnvoll.

Wie seid ihr dann dazu gekommen, REDAXO gratis zur Verfügung zu stellen? In Sachen Benutzerfreundlichkeit ist das CMS wirklich gut. Das hättet ihr sicherlich gut vermarkten können.

Ganz ehrlich: Wir hatten etwas Angst vor der Erwartungshaltung, die einem kommerziellen Produkt entgegenfliegt. Hie und da funktioniert etwas nicht, dann hat man dafür auch noch Geld genommen – das wäre nicht angenehm gewesen. Man hätte so Dinge wie einen Support und ein ordentliches Marketing gebraucht. Zudem macht es so einfach viel mehr Spaß – und es kommt meines Erachtens etwas Besseres dabei heraus, wenn man zusammen daran arbeitet.

Wie ist es dann nach außen gelangt?

Wir hatten ein Forum auf REDAXO. Die Dinger sind ja mittlerweile komplett out, aber damals gab es noch eines. Und dann habe ich gewartet und geschaut, ob jemand vielleicht etwas reinschreibt. Und eines Tages war es dann so weit und jemand hat in das Forum geschrieben. Es ist ein schönes Gefühl, wenn du merkst, dass jemand sich für deine Arbeit interessiert. Der Rest kam dann nach und nach.

Mit der Zeit habt ihr etwas geschafft, an dem so manches ambitioniertes Projekt kläglich scheitert, weil unglaublich schwierig: Ihr habt eine richtige Community um REDAXO aufgebaut.

Stell dir vor, REDAXO ist heute wesentlich unbekannter, als es früher war. Früher ging noch vieles über Zeitschriften – es hat mal jemand eine PR-Mitteilung hinausgelassen oder einen Bericht geschrieben – wir hatten ein ganzes Team dahinter. So und mit der regelmäßigen Mitarbeit am System ist die Community schrittweise gewachsen. Es war der Wunsch da, weiterzuhelfen, zumal es eben damals nicht viele Lösungen auf dem Markt gab und das CMS Potenzial hatte. Wir hatten später richtig viele REDAXO-Seiten, ich denke zwischen 60.000 und 100.000 Installationen. Heute ist das nicht viel, aber damals war das schon eine Hausnummer. Heute sind es bedeutend weniger.

Mit der ganzen Zusammenarbeit hat sich auch zwischenmenschlich etwas entwickelt?

Es haben sich tatsächlich Freundschaften gebildet, wie du auch beim REDAXO-Tag merken konntest. Und jeder ist weiter motiviert, daran weiterzuarbeiten. Anfangs war es mein Produkt – heute ist es das Produkt von allen, die daran mitarbeiten.

Gab es den REDAXO-Tag schon immer?

Thomas (Blum), eines der Urgesteine von Redaxo, hat den Vorschlag in den Raum geworfen, uns zu treffen. Er hat dem Ding auch einen Namen gegeben: REDAXO-Tag – und so ging’s los: Es war immer eine Kombi aus Privat-Treffen, Spaß-Tage und REDAXO-Weiterentwickeln.

Wie siehst du die zukünftige Entwicklung von REDAXO? Was wäre deine Prognose – gibt es nach Jan REDAXO noch oder nach dir die Sintflut?

Hm, gute Frage – eine Prognose mit diesem ganzen KI-Zeugs gestaltet sich ziemlich schwierig. Die Community gibt es, die hat Lust darauf und die wird es auch weiterentwickeln. Existieren wird es schon, die Tendenz ist aber klar sinkend. Das ist auch dem Fakt geschuldet, dass wir nicht mehr so motiviert sind, die Community aufzubauen und uns bekannt zu machen. Wir entwickeln es gerne für uns selbst weiter. Es soll auch nicht davon ablenken, dass REDAXO als Tool nach wie vor sehr hilfreich ist.

Kannst du dich daran erinnern, wie Kreatif auf REDAXO gestoßen ist?

Ich weiß nicht, wie. Ich weiß nur: Ihr wart plötzlich da und ich fand euch von Anfang an cool, vielleicht wegen der Sprache. Und ihr habt auch immer etwas beigetragen. Alex (die Sexy Radiostimme, Anm. d. Red.) hat vieles gemacht und immer wieder geholfen. Was bleibt: Eure Beiträge waren immer bereichernd.