Unser Fokus wird in diesem Beitrag auf die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) (oder Artificial Intelligence (AI)) im Design liegen. Wir beschäftigen uns mit dem Begriff Design im weiteren Sinne, werden also nur punktuell zum Beispiel zwischen Screen- oder Produktdesign unterscheiden. Da mein Steckenpferd das Screendesign ist, kommen wir dennoch wohl nicht umhin, dieses Thema anzukratzen.
KI ist nicht erst seit Kurzem in aller Munde. Tech-Propheten gehen davon aus, dass KI in Zukunft unser Leben maßgeblich beeinflussen werden – die Voraussagen reichen dabei von disruptiven Einschnitten in unseren Alltag bis hin zu dystopischen Untergangsszenarios. Doch wir wollen hier den Bogen nicht überspannen, Skynet bleibt ein spannendes Hirngespinst aus den Drehbüchern Hollywoods. Zumal man davon ausgehen kann – worauf wir auch in diesem Artikel eingehen werden – dass KI nie mehr als ein Aushilfsinstrument werden wird, anstatt einer zerstörerischen Macht, die die Menschheit versklavt.
KI und ihre Möglichkeiten
Wenn wir heute von künstlicher Intelligenz sprechen, stellen sich besonders Laien überraschend konkrete Szenarios vor. Max und Maximiliane Mustermann gehen davon aus, dass Maschinen oder Software ganz unabhängig von menschlichem Zutun arbeiten und autonom handeln werden. Diese Vorstellung ist (leider oder auch nicht) auf mehreren Ebenen unrealistisch.
Will man nämlich, dass etwas Menschengeschaffenes wie ein Mensch handelt, müsste Mensch sich selbst zu 100 % verstehen und nachvollziehen können. Dem ist aber nicht so. Wir Menschen haben unser Gehirn, wie es funktioniert, wie verschiedene Prozesse zusammenhängen und welche Komponenten agieren müssen, um entsprechende Reaktionen hervorzurufen, noch nicht vollständig entschlüsselt. Um eine autonom handelnde KI zu schaffen, müssten wir unser Gehirn komplett verstehen, was schon rein logisch nicht möglich ist – denn dazu müssten wir über unsere Denkkapazitäten hinausdenken können.
Ohne Input des Menschen wird die KI nie dazulernen können. Man muss sich das vorstellen, als ob man ein Musikinstrument lernt: Zwar kann sich Jimmie Hendrix in Spe durch anfänglichen Input etwas aneignen und eine Basis schaffen, doch will er anschließend als Autodidakt weitermachen, stagniert er im Verlauf der eigenen Weiterentwicklung unweigerlich. Es bedarf einer neuen, externen Quelle an Informationen: beim Musikinstrument durch einen Lehrer; bei der KI muss es der Mensch sein, der sie in ihrer Entwicklung weiterbringt.
KI im Design
Stand jetzt wird eine KI in Zukunft nur das durchführen können, was sie gelernt hat. Sie wird immer die beste Lösung finden - die Frage bleibt aber: Ist es die beste Lösung?
Damit wären wir beim Design. Design ist die ideale Symbiose aus Kreativität und Pragmatik. Nicht umsonst wird in diesem Zusammenhang seit jeher gebetsmühlenartig der Grundsatz „Form follows function“ genannt. Ein spezielles Verständnis für Formen ermöglicht es Designern, diese funktionell umzusetzen und zu einem effizienten Produkt zu entwickeln. Unter den richtigen Voraussetzungen sind gerade KI in so einem Prozess eine unglaubliche Bereicherung, da sie das Designen beschleunigen können. Auch weil es entgegen der weitläufigen Meinung unerheblich ist, ob dies dann optisch ansprechend aussieht – gutes Design setzt nicht zwingend gute Ästhetik voraus.
Ästhetisches Empfinden hingegen ist sehr subjektiv. Eine gute Ästhetik fügt sich aus den Erfahrungen, den Erinnerungen, dem Formempfinden und manchmal sogar der momentanen Laune ihres Betrachters zusammen. Und genau daran scheitert die KI.
Die Hindernisse
Gerade das Screendesign lebt von der Optik. Zwar müssen wir Designer – wie es der Begriff voraussetzt – auch pragmatisch arbeiten, sodass das Endprodukt seinen Nutzer abholt und so intuitiv wie möglich durch eine ansprechende User Journey führt (Stichwort User Experience). Hier kann eine künstliche Intelligenz Unglaubliches leisten. Nichtsdestotrotz ist das funktionierende Zusammenspiel von Form und Farbe im Screendesign grundlegend. Wenn wir es etwas plakativer ausdrücken wollen: „Das Auge isst mit“.
Eine KI kann – und das ist aktuell durchaus der Fall – in kurzer Zeit anhand der vorher eingegebenen Daten und Parameter eine Fülle an Designs hervorbringen, darunter das ein oder andere brauchbare. Den letzten Touch, den Feinschliff, aber auch einfach das grundlegende Verständnis dafür, ob das Screendesign für diesen Kunden, für dieses Unternehmen und für diesen Zweck angemessen ist, kann nur ein mit Emotionen und Intuition ausgestatteter Mensch besitzen. Um bei der Metapher mit dem Essen zu bleiben: Ein KI-Koch könnte problemlos mit den zur Verfügung stehenden Daten ein gutes und ansehnliches Gericht zubereiten – ein menschlicher Chef kann es aber zu einem köstlichen und zudem ästhetisch anspruchsvollen Gourmetschmaus machen.
Wie kann AI Design beeinflussen?
Welche Rolle bleibt der KI also im Design? Genau jene, die wir gerade besprochen haben.
KI wird in Zukunft die Möglichkeit bieten, unsere Arbeitsprozesse zu beschleunigen. Sie wird die Effizienz unserer Produkte verbessern, da sie in kurzer Zeit so viele Daten verarbeiten kann, wie es sonst nur eine Armee an Programmierern in unendlich langer Zeit vermag – wenn überhaupt. Und sie wird den Kreativprozess bei optischen Angelegenheiten zwar nicht ersetzen, aber antreiben. Die Liste könnte noch sehr lange weitergeführt werden.
Wie bei unserem Koch können wir eine künstliche Intelligenz dazu einsetzen, uns Lösungen zu liefern, die funktionieren, die „die beste Lösung sind“. Als Screendesigner werde ich mir die Möglichkeit vorbehalten, mir Designs vorschlagen, mich von diesem Konstrukt aus schier unendlichen Datenmengen inspirieren zu lassen. Den kreativen Aufwand, den Charme, den Witz und – klar – die Intuition werde dennoch immer nur ich als von Emotionen geleitetes Wesen beifügen können. Wir sind sozusagen der Deus ex machina für die KI - oder in diesem Fall treffender Machina ex homine.