Im dritten Teil unserer Reihe zur modernen Unternehmenskultur möchten wir uns heute mit einem weiteren Aspekt beschäftigen, der häufig als Indikator für die „Modernität“ eines Unternehmens angeführt wird: Die Frage, ob der Arbeitsplatz nur ein Ort der Arbeit ist oder auch ein Ort der Begegnung und des Austauschs.
In unseren bisherigen Artikeln haben wir uns bereits mit der Deutung von „modernem“ in Bezug auf Unternehmen und mit der Bedeutung von „flachen Hierarchien“ beschäftigt. Dabei haben wir gesehen, dass beide Begriffe einen großen Interpretationsspielraum bieten und dass ihre tatsächliche Bedeutung stark von der jeweiligen Unternehmenskultur und -struktur abhängt.
Nun, der Arbeitsplatz – ein weiterer Aspekt, der in der Debatte um moderne Unternehmen in den Fokus rückt. Soll der Arbeitsplatz lediglich ein Ort der Produktivität sein, ein Raum, in dem Aufgaben erledigt und Ziele erreicht werden? Oder sollte er mehr sein? Ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Kreativität, der die Mitarbeitenden dazu ermutigt, neue Ideen zu entwickeln und zu teilen?
Pro & Contra
Betrachten wir zunächst den Arbeitsplatz wortwörtlich, also als reinen Platz der Arbeit. In dieser Perspektive liegt der Fokus auf der Effizienz, Produktivität und Dienst nach Vorschrift. Beim Eintritt am Morgen wird gestempelt, genauso beim Verlassen exakt 9 Stunden später (1 Stunde Mittagspause inklusive). Ob Arbeitsbeginn mit 8 Uhr oder 9 Uhr gleichzusetzen, ist unerlässlich, Hauptsache pünktlich. Alle Ressourcen im Unternehmen sind auf die Erreichung der Ziele ausgerichtet. Alle Ressourcen der Mitarbeitenden auf das pünktliche Verlassen des Schreibtisches oder dessen Äquivalents.
Auf der anderen Seite steht die Idee des Arbeitsplatzes als Ort der Begegnung. Hier geht es darum, einen Raum zu schaffen, in dem sich Menschen nicht nur bei der Arbeit fühlen, sondern bis zu einem gewissen Punkt auch zu Hause. Büros sind so gestaltet, dass sie zur Kommunikation einladen: etwa mit offenen Bereichen, Gemeinschaftsräumen und flexiblen Arbeitsplätzen. Sie sollen die Kreativität fördern und den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Ideen und Gedanken frei zu äußern.
Wie so oft haben beide Ansätze ihre Vor- und Nachteile. Ein rein auf Produktivität ausgerichteter Arbeitsplatz kann effizient sein, aber auch zu Stress und Erschöpfung führen, wenn die menschlichen Aspekte vernachlässigt werden. Ein Arbeitsplatz, der als Ort der Begegnung gestaltet ist, kann die Kreativität und den Austausch fördern, aber auch zu Ablenkungen und einer unklaren Trennung zwischen Arbeit und Freizeit führen.
Do it like Google
In der modernen Unternehmenskultur zeigt sich jedoch ein Trend zur Verschmelzung dieser beiden Ansätze. Immer mehr Unternehmen erkennen, dass ein gesunder Ausgleich zwischen Produktivität und Begegnung notwendig ist, um sowohl die Unternehmensziele zu erreichen, als auch die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden zu fördern. So können flexible Arbeitsmodelle, die sowohl Fokuszeiten für konzentriertes Arbeiten als auch Freiräume für den Austausch und die Kreativität bieten, dazu beitragen, diesen Ausgleich zu schaffen.
Paradebeispiele für solche Unternehmenskulturen (und auch deren Vorbilder) bilden die zahlreichen Tech-Unternehmen in Silicon Valley. Als Pioniere gelten wohl die Damen und Herren bei Google, deren Hauptquartier so konzipiert war, dass Mitarbeitende ohne Weiteres auch ganze Tage am Arbeitsplatz verbringen könnten. Zwar hat man aufgrund der schieren Größe des Giganten und im Zuge der Pandemie zwangsläufig etwas Abstand von diesem Konzept genommen, doch im Kern bleibt die Philosophie: „Arbeit findet überall statt, nicht nur im Büro. Die Anforderungen an einen Arbeitsplatz ändern sich permanent. Und Arbeitsplätze müssen mehr bieten als Tische, Stühle, Konferenzräume und Büroausstattung.“ (golem.de)
In diesem Sinne wird der Arbeitsplatz nicht nur als Ort gesehen, an dem Aufgaben erledigt werden, sondern als ein lebendiger Raum. Ein Raum, der die Kultur und Werte des Unternehmens widerspiegelt und in dem die Mitarbeitenden ihre Fähigkeiten und Talente voll entfalten können.
Die Herausforderungen
Allerdings birgt auch dieser Ansatz Herausforderungen. Die Balance zwischen Produktivität und Begegnung ist nicht immer leicht zu finden. Zu viel Fokus auf die Begegnungsseite kann zu Ablenkungen und einer Verringerung der Produktivität führen. Andererseits kann ein zu starker Fokus auf Produktivität die Kreativität dämpfen und das Gefühl der Zugehörigkeit und Zusammenarbeit untergraben.
Ferner kann die Gestaltung des Arbeitsplatzes als Ort der Begegnung eine Herausforderung sein, insbesondere in Zeiten, in denen immer mehr Menschen aus der Ferne arbeiten. Wie schafft man einen „Ort der Begegnung“, wenn das Team geografisch verstreut ist? Hier sind innovative Lösungen gefragt, die sowohl digitale als auch physische Räume für Begegnungen und Austausch schaffen.
Fazit
Zum Abschluss lässt sich sagen, dass der Arbeitsplatz in der modernen Unternehmenskultur sowohl ein Ort der Arbeit als auch ein Ort der Begegnung sein kann und sollte. Wie genau dieser aussehen sollte, hängt von vielen Faktoren ab, einschließlich der spezifischen Bedürfnisse und Ziele des Unternehmens und seiner Mitarbeitenden. Es ist eine fortlaufende Aufgabe und Herausforderung für Unternehmen, den richtigen Ausgleich zu finden und einen Arbeitsplatz zu schaffen, der sowohl produktiv als auch inspirierend ist.
Im nächsten Artikel dieser Reihe werden wir uns mit einem weiteren Aspekt moderner Unternehmenskultur beschäftigen: der Bedeutung von agilem und statischem Arbeiten. Wie können Unternehmen diese Werte in ihre Kultur integrieren und welche Vorteile bringen sie mit sich? Wir diskutieren darüber.